Gedanken zum 29. Sonntag A (Mt 22: 15-21)

„Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört“

Gute Christen und ehrliche Bürger sein

In vielen Aspekten seines öffentlichen Lebens scheint Jesus ein Rebell zu sein. Er verstößt in offensichtlicher Weise gegen das Sabbatgebots. Er hat nicht nur das Gesetz gebrochen, sondern auch seinen Jüngern erlaubt, das Gleiche zu tun (Mt 12:1-14). Jesus stellte die Begründung des Gesetzes des Mose in Frage und bot eine neue Auslegung an (Mt 5:1-7,29), obwohl er sagte: „Denkt nicht, ich sei gekommen, um das Gesetz und die Propheten aufzuheben, sondern um sie zu erfüllen“ (Mt 5:17). Jesus forderte die Machthaber heraus: die Priester, die Schriftgelehrten, die Pharisäer und die Sadduzäer. Und doch sagt Jesus im heutigen Evangelium den Pharisäern und Herodianern: „Gebt dem Kaiser, was dem Kaiser gehört, und Gott, was Gott gehört“. 

Ein dualistisches Denken

Die Frage, die an Jesus gestellt wird, lautet: „Ist es nach deiner Meinung erlaubt, dem Kaiser Steuren zu zahlen, oder nicht?“ Mit anderen Worten: Ist es aus der Perspektive unseres Glaubens – in der Herrschaft der Thora – rechtmäßig, Steuern an einen heidnischen König zu zahlen? Sie wollen wissen, auf wessen Seite Jesus steht, auf der Seite des Kaisers oder Gottes.

Entweder/Oder-Fragen und Situationen existieren oft bei Jesus. Es ist eine Falle, ein Trick. Auf welche Weise Jesus die Frage beantwortet, er wird sich entweder bei den Pharisäern oder in Rom beschuldigt haben. Das ist dualistisches Denken. Wie also beantwortet Jesus ihre Frage? Ist es das Kaiserreich oder Gott? Ja, das ist es. Das ist seine Antwort. Diese Antwort haben sie nie erwartet. Sie stellten Jesus eine Falle und sie waren es, die gefangen wurden.

In dem Maße, in dem wir mit dem dualistischen Entweder-oder leben und denken, dass wir uns nur selbst gefangen nehmen. Zu oft zersplittern wir unser Leben und schotten es ab. Wir haben also unser Gebetsleben, unser Ordensleben, unser Familienleben, unser politisches Leben, unser Liebesleben, unser Arbeitsleben, unser Wirtschaftsleben. Wir reden und leben, als ob es zwischen ihnen keine Integrität oder Kohärenz gäbe. Wenn wir das tun, schließen wir am Ende Gott aus einem großen Teil unseres Lebens und unserer Welt aus. Ich kann mich fragen: ob das der Grund dafür ist, dass ein Großteil der heutigen Kultur der Kirche misstraut und sie für irrelevant hält.

Jesus will nicht den eigenen religiösen Glauben von der Erfüllung der Pflicht gegenüber dem Staat trennen. Er bittet uns nicht darum, unsere Loyalitäten zu teilen oder unser Leben abzuschotten. Stattdessen hält er uns die Realität Gottes und die Realität unserer Kaiser vor Augen. Beide sind real. Beide sind ein Teil unseres Lebens und unserer Welt.

Jesus erinnert uns in seiner Antwort, dass wir alle Bürger zweier Herrschaftsbereiche sind – des geistigen und des zeitlichen. Wir haben jedem gegenüber Pflichten. Im Allgemeinen stehen diese Loyalitäten nicht im Widerspruch zueinander. Dennoch gibt es Gelegenheiten, bei denen wir uns – aus Liebe – gegen Vernachlässigung oder ungerechtes Verhalten unserer Regierung aussprechen müssen, insbesondere im Hinblick auf soziale Ungerechtigkeit. Wenn Konflikte zwischen geistlichen und weltlichen Mächten entstehen, ist es ratsam, sich an den berühmten Leitspruch des heiligen Thomas More zu erinnern: „Der gute Diener des Königs, aber Gottes erster“.

Gebt Gott, was Gott gehört

Aber Jesus geht über ihre Frage nach der Pflicht gegenüber dem Kaiserreich hinaus. Er nutzt diese Gelegenheit, um sie zur Betrachtung einer sehr tiefen spirituellen Realität einzuladen. „Gebt Gott, was Gott gehört.“ Was gehört Gott?  Alles! Und nach wessen Bild sind wir geschaffen? Nach dem Bilde Gottes (Gen 1:27).

Das Leben zwischen dem Kaiserreich und Gott aufzuteilen, ist einfach und leicht, weil dort Liebe herrscht. Es vermeidet den Kampf. Es ist eine zu starke Vereinfachung des Lebens Jesu, Ihres Lebens und meines Lebens, der Schönheit Gottes und der Heiligkeit der Schöpfung. „Gebt daher dem Kaiser das, was dem Kaiser gehört, und Gott das, was Gott gehört.“ Amen.