Gedanken zum 6. Ostersonntag B (Joh 15, 9-17)

Die Liebe Gottes soll gelernt werden

Liebe Schwestern und Brüder

Es ist kurz vor dem Ende von Jesu Leben und er hält das letzte Abendmahl mit seinen Jüngern. Er spricht letzte Worte, eine letzte Predigt, zu ihnen. Er bereitet sie auf das Leben ohne seine physische Anwesenheit vor, deutet an, wie das Leben nach der Auferstehung, das Osterleben, sein wird. Er wies sie an, was sie als seine Jünger in der Welt zu verkünden haben: „Liebt einander, so wie ich euch geliebt habe“ (15, 12).

Diese Liebe Gottes hat zwei wesentliche Stufen: Die erste konzentriert sich auf die bleibende Beziehung der Liebe, die den Vater, den Sohn und den Jüngern zu einer Einheit bindet. Die zweite konzentriert sich auf die ermächtigende Liebe des Sohnes, durch die er sein Leben für seine „Freunde“ hingegeben hat. Er erweitert die Tiefe und das Ausmaß dieser Liebe, indem er sagt, der größte Ausdruck der Liebe sei es, für seine Freunde zu sterben.

Darum ist der Kern der christlichen Botschaft die Liebe, Gott liebt uns! Wenn wir Gottes bedingungslose Liebe zu uns begreifen könnten, würde das Leben radikal eine Reise der Freude sein. Zu akzeptieren, dass Gott mich liebt, bedeutet auch, die Realität zu akzeptieren, dass Gott alle anderen auf dieselbe Weise liebt. Ich bin aufgerufen, mich selbst und andere zu lieben, und aus dem Evangelium geht klar hervor, dass ich aufgerufen bin, die Armen, die Ausgegrenzten und die am Rande Stehenden in besonderer Weise zu lieben.

Liebe ist nicht zuerst ein Gebot, sondern eine Erfahrung. Wir sind von Gott geliebt, ohne Wenn und Aber. Diese Liebe hat Jesus viele Menschen erfahren lassen. Die Frage ist sehr wichtig: Wie und wo erfahren wir diese Liebe Gottes? Das Leben ist eine Schule, um zu lernen, zu lieben zu können. Der Tod ist eine Schule, um zu lernen, zu leben. Es ist ganz klar, dass mein Charakter auf der Grundlage meiner Erfahrung mit Gott geformt wird. Wenn man Gott als eine furchterregende Gestalt kennenlernt, der richtet, straft und Hass predigt, wie erfährt man dann Liebe Gottes. Die Liebe Gottes soll gelernt werden.

Wir sollten lernen, dass wir berufen sind, eine von Liebe geprägte Beziehung zu Gott, zueinander innerhalb der Kirche und zur Welt um uns herum zu pflegen. Mit Gottes liebevollen Absichten in der Welt leben, ist ein Ausdruck des Wesens Gottes.

Irgendwann müssen wir die Äusserlichkeit des Lebens, an denen wir festhalten, wegwerfen, damit wir die tiefere Wahrheit hören, erfahren und leben können. Unser Leben, unser Handeln, unsere Liebe tragen und offenbaren die Gegenwart der göttlichen Liebe. Jesus gibt uns nicht etwas, er sagt, wir sind etwas. Wir sind das Geschenk. Wir sind die Verbindung. Hören Sie, was er den Jüngern sagt:

Ich liebe euch mit der gleichen Liebe, mit der mich der Vater liebt. Ihr habt, was ich habe. Ich gebe euch die Freude, die mein Vater und ich teilen. Ich möchte, dass eure Freude voll, vollständig, ganz und vollkommen ist. Ich habe euch alles gesagt. Nichts wird zurückgehalten oder geheim gehalten. Ich habe euch gewählt. Ich habe euch ausgesucht. Ich ernannte, ordinierte, beauftragte und sandte euch, um Früchte zu tragen, um andere zu lieben. Ich vertraue und glaube, dass ihr das tun könnt.

Es geht um uns, im besten Sinne dieser Worte. Wir sind die Liebe von Christus. Unser Glaube an Jesu Worte verändert uns, wie auch einander, die Welt und die Umstände unseres Lebens. Dieser Glaube ist es, der es uns ermöglicht, sein Gebot, einander zu lieben, zu halten. Wenn wir diese Dinge über uns selbst wissen, ist unsere einzige Reaktion die Liebe. Wir können nichts anderes tun. Wir sind frei, die Liebe Christi zu leben und noch vollständiger zu werden.

Es mag scheinen, dass Gottes Liebe anspruchsvoll ist. Sie ist voller Geist und Verheißung und doch bedeutet sie einfach nur, dass er alle Menschen bedingungslos auf die gleiche Weise liebt. Deshalb müssen wir seinem Gebot gehorchen, das darin besteht, andere Menschen zu lieben, egal in welchen Umständen sie sich befinden. Diese Art von Liebe wird uns Freude bringen, nicht nur eine einfache Freude, sondern das tief verwurzelte Glück, Jesus Christus in unserem Wesen zu haben.

So wird diese Liebe uns reiche Früchte tragen lassen, die ewig bestehen werden. Gott möchte, dass wir uns engagieren und immer neue Wege finden, um seine Liebe immer weiter zu verbreiten. Wir können es tun, denn wenn wir das tun, wird er uns nie allein lassen. Er möchte, dass alle Menschen miteinander verbunden sind. Er lädt uns auch zum Gebet ein, als Anerkennung für seine Liebe zu allen. Amen.