Gedanken zum 5. Ostersonntag B (Joh 15, 1-8)

Der wahre Weinstock

Liebe Schwestern und Brüder 

Im heutigen Evangelium sagt Jesus seinen Jüngern: „Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und in wem ich bleibe, der bringt reiche Frucht“ (Joh 15, 5). Jesus spricht hier zu Menschen, die in einer vitalen, lebensspendenden Beziehung zu Ihm selbst stehen. Niemand kann Frucht zur Ehre des Herrn bringen, wenn er nicht mit dem Weinstock verbunden ist. 

Ein Weinstock hat einen bestimmten Zweck: Früchte zu bringen. Aber, wie Sie feststellen werden, trägt der Weinstock selbst keine Früchte. Er überlässt das Fruchttragen den Reben. Der Weinstock hat Früchte, aber seine Früchte sind die Reben! Manche Reben tragen Früchte und werden geschnitten, reinigt und gepflegt um mehr Früchte zu bringen. Einige Reben bringen keine Früchte hervor und werden entfernt, weggeworfen und verbrannt.

Wir sind ein Volk der Produktivität. Sie ist größtenteils der Standard, nach dem wir leben, und das Maß für unseren Erfolg. Sie ist überall in unser Leben eingebaut. Produktivität ist die Grundlage unseres Wirtschaftssystems. Diejenigen, die produzieren, werden belohnt und bekommen mehr. Diejenigen, die nicht produzieren, werden rausgeschmissen. In unserem Bildungssystem werden Schüler, die gut und produktiv sind, anerkannt und gefördert, während diejenigen, die nicht erfolgreich sind, werden aus dem System verschwinden. Karrieren und Beförderungen basieren auf Produktivität. Wir sind davon überzeugt worden, dass Produktivität das Ziel ist und nur die Stärksten überleben.

In diesem Verständnis ist Frucht die Forderung Gottes an unser Leben und das Mittel, mit dem wir Gott zufriedenstellen. Wenn wir nicht aufpassen, bleiben wir dabei hängen, uns und einander in fruchttragende oder nicht-fruchttragende Zweige zu einzuordnen. Es gibt jedoch ein tieferes Problem als die Produktion von Früchten. Produktivität schafft in der Regel keine tiefgehenden und intimen Beziehungen. Sie schafft Transaktionen. Jesus spricht nicht über Produktivität oder fordert sie. Er will und bietet Verbundenheit, Beziehung und Liebe.

Wenn wir über das Fruchtbringen nachdenken, ziehen wir uns zurück und denken, dass es schwer ist und dass wir damit überfordert sind. Viele Gläubige denken, dass das Fruchttragen für die „Superheiligen“ ist. In Wahrheit ist es überhaupt nicht schwer, für den Herrn Frucht zu tragen.  In der Tat ist es eines der einfachsten Dinge, die jeder Gläubige tun kann. Das Tragen von Frucht ist eine absolut passive Tätigkeit. Wenn Sie eine Sache mit bestem Willen tun, dann wird Frucht in Ihrem Leben entstehen! 

Die eine Sache, die von den Zweigen verlangt wird, damit Frucht entsteht, ist, dass sie in Jesus „bleiben“. Wenn die Zweige in Jesus bleiben, werden sie Frucht zur Herrlichkeit Gottes bringen. Das Einzige, was der Herr von den Zweigen verlangt, ist, dass sie in ihm ruhen und ihre Lebenskraft aus ihm schöpfen. Wenn dies geschieht, wird immer Frucht das Ergebnis sein!

„Welche Früchte produziere ich?“ „Wie viel?“ „Ist es eine akzeptable Qualität?“ Das sind gute Fragen, wenn wir sie verstehen und diagnostisch stellen, als Fragen nicht nach der Quantität in unserem Leben, sondern nach der Qualität unseres Lebens. Das ist es, worum es Jesus geht. Das ist die tiefere Frage, die er stellt. Es ist die Einladung, in das Gespräch einzusteigen, ins Spiel zu kommen, mitzumachen und voll lebendig zu bleiben. Das geschieht nur, wenn das Leben, die Liebe, die Güte und die Heiligkeit Christi in uns fließen. Wir werden eine Erweiterung seines Lebens, seiner Liebe und seiner Heiligkeit sein und manifestieren sie.

Liebe Schwestern und Brüder, Jesus ist der wahre Weinstock. Bleiben Sie „im Weinstock“? Ist das Bleiben in Christus das, worum es in unserem Leben geht? Es ist die Definition des Lebens. Hat der Gärtner seinen reinigenden und beschneidenden Dienst in Ihrem Leben getan? Sehen Sie, ob der Vater in Ihrem Leben wirkt.

Frucht kommt als Ergebnis des Vaters, der durch sein Wort schneidet und reinigt. Das ist das Wirken des Vaters in uns, das Schneiden durch sein Wort. Verhärten wir unser Herz nicht. Geben wir uns stattdessen ihm hin. Sagen wir: „Reinige mein Leben. Lass mich in Jesus bleiben. Mach mich wie Jesus. Lass dein Leben durch mich fließen. Du bringst Frucht in meinem Leben. Sei verherrlicht in mir“. Amen.