Gedanken zum 26. Sonntag B (Mk 9, 38-48)

Liebe Schwestern und Brüder

Das heutige Evangelium hat uns eine äußerst spannende Geschichte vorgelegt: Da erwischen die Jünger einen Mann dabei, wie er im Namen Jesu Dämonen austreibt, also im Namen Jesu Wunder wirkt. Überraschenderweise regen sich die Jünger darüber auf. Und warum? Weil sie diesen Mann nicht kennen. Wer ist er? Wer hat ihm gesagt, dass er diese Dämonenaustreibungen durchführen kann? Kennt er Jesus wirklich? Dieser Mann ist nicht einer von uns! Also versuchen sie, ihn davon abzuhalten, ihn zu stoppen. Sie versuchen es, aber offensichtlich scheitern sie.

Letzte Woche stritten sich die Jünger darüber, wer der Größte sei (Mk 9,30-37). Diese Woche beschweren sie sich über diesen anderen, der ihren Status, ihre Macht und ihre Anerkennung in Frage stellt (Mk 9,38-48).

Johannes bringt diese Frage vor Jesus:  „Meister, wir haben gesehen, wie jemand in deinem Namen Dämonen austrieb; und wir versuchten ihn daran zu hindern, weil er nicht uns nachfolgt.“ Wir sehen, dass Johannes nicht sagt: „Er folgt dir (Jesus) nicht nach“, sondern „er folgt uns nicht nach“. Jesus sagt nie: „Komm nach uns“ – das heißt: „Komm nach mir und meinen Jüngern.“ Er sagt häufig: „Folge mir nach“ (1,17; 2,14; 8,34; 10,21). Johannes hat das Konzept der Nachfolge unberechtigterweise auf die Jünger ausgeweitet. Jetzt stellt Johannes fest, dass er einen weiteren Fehler gemacht hat, indem er Exorzisten, die nicht „uns“ folgten, verboten hat.

Ich weiß nicht, was das für Johannes und die anderen bedeutete, aber ich weiß, dass es heute oft bedeutet, dass der andere nicht so aussieht oder sich so kleidet wie wir, dass der andere nicht so spricht oder handelt wie wir, dass der andere nicht so denkt oder glaubt wie wir, dass der andere es nicht so macht wie wir. Er oder sie folgt uns nicht. Was auch immer es für Johannes und die Jünger war, sie fühlten sich von diesem Mann bedroht. Er trieb Dämonen aus, befreite von Unterdrückung, bot ein neues Leben an, alles im Namen Jesu. Wahrscheinlich ging es dem Mann um einen Namen, Status und Anerkennung.

Ist es nicht das, was wir oft mit unseren Hindernissen tun oder tun wollen? Wir ziehen Linien in den Sand, ziehen einen Kreis, unterteilen uns in „wir“ und „die anderen“ und versuchen, sie aufzuhalten. Ich sehe, dass dies heute in der Welt geschieht. Ich lese es in den Nachrichten. Und ich habe es getan. Ich war Johannes – du nicht?

Jesus jedoch wählt einen anderen Ansatz. Er hebt die Grenze auf und vergrößert den Kreis. Er kümmert sich nicht so sehr um den anderen, der uns zum Straucheln bringt. Seine Sorge gilt uns, nicht dem anderen, und zwar in zweifacher Hinsicht: Erstens, ob wir einem anderen zum Hindernis geworden sind, „einem von diesen Kleinen“, und zweitens, ob wir uns selbst zum Hindernis geworden sind.

Jesus fordert uns einmal mehr auf, uns selbst zu betrachten, uns selbst zu reflektieren. Es ist, als würde er zu Johannes sagen: „Mach dir keine Sorgen um den anderen. Kümmere du dich um dich selbst.“ Er fordert uns auf, nach innen zu schauen. Die größten Hindernise liegen nicht außerhalb von uns, sondern in uns: Zorn und Rache, die Urteile, die wir über andere fällen, Vorurteile, unser Wunsch, voranzukommen und die Nummer eins zu sein, das Bedürfnis, Recht zu haben, unsere mangelnde Bereitschaft zuzuhören, die Annahme, dass wir mehr und besser wissen als andere, das Leben, als ob unser Weg der einzige und richtige wäre, Stolz, Angst, Ausgrenzung, unsere Geschäftigkeit, Lügen, Klatsch und Tratsch, unser Wunsch nach Macht und Kontrolle. Diese und tausend andere Dinge sind es, die andere und uns zu Fall bringen.

Auf welche Weise sind Sie und ich für andere oder für uns selbst zu Hindernissen geworden? Das ist die unausgesprochene Frage im heutigen Evangelium. Wann haben wir einen anderen zum Stolpern und Fallen gebracht? Wann sind wir über unsere eigenen Füße, unser eigenes Leben gestolpert und gestürzt? Auf welche Weise ist die Kirche ein Hindernis für Jesus und das Leben, das er der Welt anbietet? Und auf welche Weise haben Sie und ich an diesen und anderen systemischen Hindernissen mitgewirkt und sie aufrechterhalten?

Dies ist weder ein einfaches noch ein angenehmes Gespräch, und ich mag es genauso wenig wie Sie. Es ist harte Arbeit. Aber es ist eine Arbeit, auf die Jesus unerbittlich besteht. Das hört man an den Bildern, die er verwendet: das Ertränken mit einem Mühlstein, die Amputation von Hand oder Fuß, der herausgerissene Augapfel, das unauslöschliche Feuer, die Hölle, der Wurm, der niemals stirbt. Wir müssen das nicht wörtlich nehmen, aber wir müssen es absolut ernst nehmen. Jesus verwendet diese Bilder viermal, um über unsere Verbesserung zu sprechen. „Es ist besser für euch…“, sagt er. Darum geht es in dieser Arbeit. Ich möchte, dass wir besser werden. Ich möchte weder für andere noch für mich selbst ein Hindernis sein.

Hindert niemanden daran, der in seinem Namen Dämonen austreibt, d.h. hindert niemanden, der im Namen unseres Herrn Jesus Christus all das vertreibt, was dem Leben und dem Glauben an einen guten Gott im Weg steht. Hindert niemanden daran, die Frohe Botschaft heilvoll und liebevoll erfahrbar zu machen.

Sondern freut euch darüber! Denn wer nicht gegen ihn ist, der ist doch für ihn.
Und der baut mit am Heil Gottes in unserer Welt. Amen.