Gedanken zum Fest der Darstellung Jesus im Tempel B (Lk 2, 22-40)

Liebe Schwestern und Brüder,

Simeon nahm das Jesuskind in seine Arme und lobte Gott und sprach:

„Nun lässt du, Herr deinen Knecht, in Frieden scheiden. Denn meine Augen haben das Heil gesehen, das du vor allen Völkern bereitet hast.“ (Lk 2, 28-30)

Diese Worte stehen im Mittelpunkt des Festes der Darstellung Jesu im Tempel. Es sind schöne Worte, mit denen Simeon die Geschichte seines Lebens erzählt. Aber was ist mit uns? Was ist mit unserer Geschichte und unserem Leben?

Es gibt Momente in unserem Leben, in denen unsere Sinne erwachen und sich für eine größere Realität, eine größere Welt, ein vollständigeres Leben öffnen. Das sind die Momente, in denen unser Sehen dem Erkennen und Anerkennen einer tieferen und tieferen Wirklichkeit weicht. Es sind die Momente der Präsentation, Momente der Begegnung, Momente, in denen sich Göttlichkeit und Menschlichkeit berühren und Himmel und Erde verbunden werden. Darum geht es an diesem Tag, dem Fest der Darstellung des Herrn im Tempel. Diese Momente erleben wir im heutigen Evangelium. In diesen Momenten erhalten wir einen flüchtigen Blick auf das, was der heilige Simeon sah. Wir sehen es mit seinen Augen.

Simeon, der alte Mann, nahm das Kind, Jesus, in seine Hände und lobte Gott. Auf diesen Moment hatte er sein ganzes Leben lang gewartet. Deshalb ging er an diesem Tag in den Tempel. Geführt vom Heiligen Geist, wurde Simeon das Kind vorgestellt, das er halten würde. In dieser Vorstellung und in diesem Halten würde Simeon „Theotokos“ sein. Das ist griechisch und bedeutet „Gott-Empfänger“. Simeon ist der Gott-Empfänger.

Simeon sah mehr als nur ein Kind. Er sah das Kind und er sah die Erlösung. Er sah die Erfüllung der Verheißung Gottes. Er sah den Messias des Herrn. Er sah das Licht der Herrlichkeit Gottes. Er sah die Freiheit, in Frieden zu gehen. Er sah die Fülle seines eigenen Lebens.

Wer von uns will das nicht? Wer von uns möchte nicht „Theotokos“ sein, ein Gott-Empfänger? Auf einer gewissen Ebene suchen wir alle danach. Es ist der Wunsch unseres Herzens und die Sehnsucht, die unser Leben antreibt. Wir wollen das Kind halten. Wir wollen beschenkt werden. Wir wollen Gott empfangen. Wir wollen unsere Erlösung sehen und die Erfüllung von Gottes Verheißungen in unserem eigenen Leben erfahren. Wir wollen befreit werden, um in Frieden zu gehen. 

Liebe Schwestern und Brüder, Der heutige Tag ist nicht nur für oder über Simeon. Er gilt auch für uns. Dies ist unser Tag. Wir alle haben die Möglichkeit, Gott-Empfänger zu werden. Wir alle sind dazu bestimmt, Gott-Empfänger zu sein. Das Licht, das Simeon sieht, ist nicht nur für ihn selbst, sondern für die Nationen, für alle Völker, auch für uns, für dich und mich. Amen.