Gedanken zum 25. Sonntag A (Mt 20:1-16)

Gottes Wege sind vielleicht nicht fair, aber sie sind voller Liebe!

Man hat uns von klein auf beigebracht, dass Fairness wichtig ist. Fairness basiert auf dem, was man verdient, wie hart man arbeitet, was man erreicht und wie man sich verhält. Manchmal ist es fair, eine Belohnung zu geben, manchmal aber auch eine Strafe. Allzu oft jedoch ist Fairness und nicht Liebe, Akzeptanz, Barmherzigkeit, Vergebung oder Großzügigkeit der Maßstab, nach dem wir handeln und eine andere Person oder Lebensumstände beurteilen.

Aber was passiert, wenn die göttliche Güte die menschliche Fairness übertrifft? Das heutige Gleichnis schlägt vor, dass Lohn und Gnade im Gegensatz zueinander stehen. Es sind zwei gegensätzliche Weltanschauungen. Das Maß, in dem uns dieses Gleichnis als ungerecht erscheint, ist das Maß, in dem unser Leben und unsere Weltanschauung auf Belohnung basieren. Eine Weltanschauung, die auf Belohnung aufbaut, lässt wenig Raum für Gnade in unserem eigenen Leben oder im Leben anderer.

Die Welt sagt, die Letzten seien die Letzten, und die Ersten seien die Ersten, weil sie es verdienen. Das ist es, was gerecht ist. Unser Verständnis von Fairness scheint jedoch im Himmelreich, wo Gnade die Regel und nicht die Ausnahme ist, keine Priorität zu haben. Gnade blickt über unsere Produktivität, unser Aussehen, unsere Kleidung, unsere Rasse oder ethnische Zugehörigkeit, unsere Errungenschaften und unser Versagen hinaus. 

Gnade offenbart die Güte Gottes. Löhne offenbaren menschliche Anstrengung. Gnade sucht Einheit und Integration. Löhne machen Unterscheidungen und trennen. Gnade geschieht einfach. Löhne basieren auf Verdienst. Die einzige Voraussetzung für Gnade ist, dass wir uns zeigen und uns öffnen, um das zu empfangen, was Gott gibt. Wenn wir das tun, beginnen wir, unser Leben, die Welt, unseren Nächsten anders zu sehen.

Schauen wir das Gleichnis noch einmal an: Ein Gutsbesitzer stellte früh am Morgen Arbeiter ein und versprach, ihnen einen Mindestlohn – einen Denar – zu zahlen. Dies galt als die Grundversorgung eines Mannes, um seine Familie einen Tag lang zu ernähren. Der Gutsbesitzer ging dann um neun Uhr, mittags, um drei Uhr und um fünf Uhr und stellte weitere Arbeiter ein. Er sagte ihnen einfach, dass er ihnen das Richtige zahlen würde. Am Ende des Tages ließ der Gutsbesitzer alle Arbeiter antreten, angefangen mit denen, die um fünf Uhr kamen. Hier nimmt das Gleichnis eine unerwartete Wendung, denn als die Arbeiter vorbeikamen, um ihren Lohn zu erhalten, zahlte er ihnen allen das Gleiche – je einen Denar, egal wie lange sie arbeiteten.

Wir setzen Maßstäbe und Erwartungen nicht nur für uns selbst und andere, sondern für Gott. So erging es dem ersten, der im heutigen Gleichnis eingestellt wurde. Sie sahen sich anders und verdienter als die späteren Eingestellten. Sie murrten gegen den Gutsherrn und sagten: „Diese letzten haben nur eine Stunde gearbeitet und du hast sie uns gleichgestellt“.

Denken wir vielleicht, wie die Arbeiter, dass der Gutsbesitzer den Arbeitern, die zuerst kamen, Unrecht getan hat? Das ist oft das, was in einer lohnabhängigen Gesellschaft passiert. Es spielt keine Rolle, dass sie genau das bekommen haben, was ihnen versprochen wurde. Der Gutsbesitzer antwortete: „Mein Freund, dir geschieht kein Unrecht. …Darf ich mit dem, was mir gehört, nicht tun, was ich will? Oder bist du neidisch, weil ich gütig bin“.

In dem Gleichnis ist Gottes Gerechtigkeit, dass jeder zur Arbeit ging und jeder den notwendigen Verdienst erhielt, um seine Familie zu ernähren. Die Ungerechtigkeit ihrer unterschiedlichen Arbeitszeiten wurde durch die Ungerechtigkeit ihrer unterschiedlichen Stärken und Fähigkeiten ausgeglichen. Und das ist Gottes Gerechtigkeit, nicht dass wir bekommen, was wir verdienen, sondern dass wir bekommen, was wir brauchen.

Es geht Gott nicht um die Lohnabrechnung jedes einzelnen. Gott ist kein Lohnbuchhalter. Es geht Gott um weit mehr, um unser Glück, um unser ganzes, großes Glück. Jeder Mensch, der die Sache Gottes zu seinem Anliegen macht, ganz gleich, ob von Jugend an oder erst später, vielleicht erst nach vielen leidvollen Irrwegen, jeder, der in seinem Leben auf Gott einlenkt, wird von ihm in Liebe angenommen und damit belohnt.

Gottes Gerechtigkeit erwächst aus einem Gemeinschaftsgefühl, in dem wir die Arbeiter der „letzten Stunde“ als unsere Brüder und Schwestern betrachten, deren Bedürfnisse genauso wichtig sind wie unsere eigenen. So sollten wir nicht versuchen unser Leben mit anderen zu vergleichen. Das ist so zu wetteifern, dass jemand verlieren muss, damit wir gewinnen können. Urteilen wir deshalb nicht über uns selbst oder andere. 

Liebe Schwestern und Brüder, stellen Sie sich vor, wir würden alle diese vier Dinge loslassen: Vergleich, Wettbewerb, Erwartung und Urteil. Unser Leben wäre gotterfüllt, wir würden dem Leben eines anderen Platz machen, damit es gotterfüllt ist, und die Welt würde, wie uns das Gleichnis sagt, dem Himmelreich sehr ähnlich sehen. Amen.