Gedanken zum Ostersonntag Lesejahr A (Joh 20:1-18)

von Pfr. Mathew Kurina

Wen suchst du?

Liebe Schwestern und Brüder

Die Auferstehung Christi ist für den christlichen Glauben von zentraler Bedeutung. Die Menschwerdung und die Kreuzigung waren notwendige Präludien, aber die Auferstehung ist die Vollendung des Dienstes Jesu. Paulus sagt: „Ist aber Christus nicht auferweckt worden, dann ist unsere Verkündigung leer und eure Glauben sinnlos…dann ist euer Glaube nutzlos, und ihr seid immer noch in euren Sünden“ (1. Kor 15:14,17).

Jesus, der gekreuzigt wurde, ist auferweckt worden. Wir sehen, wie Maria, Petrus und ein anderer Jünger entdecken, dass das Grab Jesu jetzt leer ist; das äussere und sichtbare Zeichen dafür, dass Jesus den Tod besiegt hat und eine Zeit der neuen Schöpfung begonnen hat. Und wir sind Zeugen des Augenblicks, in dem Maria ihrem auferstandenen Herrn begegnet. Ihre Trauer verwandelt sich in Freude und sie bringt uns die gute Nachricht, die im Laufe der Jahrhunderte allen verkündet wurde: „Ich habe den Herrn gesehen“ (Joh 20:18).

Dieser Teil des Johannesevangeliums ist eine Geschichte, die sich in drei prominenten Akten entfaltet:

a) über suchende Menschen,
b) über Traurigkeit und Angst,
c) über Handlung, Überraschung und Freude.

Alle diese Gefühle berühren auch jeden von uns.

Die Szene beginnt mit einer einsamen Gestalt, die durch die Dunkelheit geht. Maria Magdalena hat ihre Angst durchbrochen, um sich um den Körper ihres Lehrers und Freundes zu kümmern. Alle Evangelien berichten über diesen Augenblick und unterscheiden sich in einigen Punkten. Aber was übereinstimmend ist der Tag, dass Maria Magdalena, die erste ist, die zum Grab geht. Ostern wird zum Licht führen, aber es beginnt in der Finsternis. Ostern mag sich letztlich um Dinge drehen, die hoch, hell, leicht und klar sind, aber es beginnt in Dingen, die niedrig, schwach, dunkel und trübe sind. 

Wenn Maria sieht, dass der Stein entfernt wurde, zieht sie eine voreilige Feststellung. Ihre Wahrnehmung dessen was geschah, ist, dass jemand zum Körper eingedrungen ist und ihn gestohlen hat. Aber der Evangelist sagt uns nicht, ob sie das Grab betreten oder auch nur hineingeblickt hat. Wusste sie wirklich, dass der Leichnam Jesu nicht dort war? Trotzdem läuft sie zurück, um Petrus zu erzählen, was ihrer Meinung nach geschehen ist. Wie oft ziehen wir voreilige Schlüsse über Gottes Handeln in unserem Leben?

Die zweite Szene wendet sich den Erfahrungen des Petrus und des anderen Jüngers zu, der interessanterweise nur als „derjenige, den Jesus liebte“ identifiziert wird. Im Laufe der Jahre gab es viele Vorschläge, wen diese beiden darstellen könnten: Juden und Heidenchristen, Petrus und Johannes-Christen. Könnte es sein, dass der geliebte Jünger ungenannt bleibt, weil, wie ein Bibelwissenschaftler vorgeschlagen hat, diese Person uns repräsentieren soll?

Wie Maria laufen sie. Der ungenannte Jünger war vielleicht jünger und kommt zuerst an. Er wartet, bis Petrus eintrifft. Er erlaubt Petrus, als Erster einzutreten. Im Inneren entdeckt Petrus, dass das Grab tatsächlich leer ist. Die Tücher, in die Jesus eingewickelt war, befinden sich immer noch im Grab. Die Einzelheiten sind verblüffend. Der Autor beschreibt die Platzierung der Leinenbinden, stellt aber auch fest, dass das Tuch, das den Kopf Jesu bedeckt hatte, zusammengerollt und in einen anderen Teil des Grabes gelegt wurde. Wir sollten beachten, dass das Grab wirklich leer ist, als Petrus und dann der andere Jünger eintreten. Da gibt keinen Engel, keinen himmlischen Boten.

Johannes sagt uns, dass der geliebte Jünger „sah und glaubte“. Aber was hat er geglaubt? Es könnte sein, dass er glaubte, Maria habe Recht – jemand habe den Körper Jesu gestohlen. Oder glaubte er, was Jesus am Abend ihres letzten gemeinsamen Mahles gesagt hatte, dass Jesus „die Welt besiegt habe“ (Joh 16:33).

Akt zwei endet, wenn die beiden Jünger nach Hause gehen. Es gibt keine Freudenrufe, keine Feiern. Die Leere des Grabes scheint noch keinen Unterschied gemacht zu haben.

Der Fokus richtet sich wieder auf Maria, die außerhalb des Grabes steht. Was Maria von Magdala erlebte, ist uns nicht fremd. Der Tod eines lieben, geliebten Menschen ist umstürzend. Leere, Stille. Wache Nächte, Einsamkeit. Trauer, Schmerz. Das Grab ist der Ort der Sehnsucht nach Nähe zu dem verlorenen Menschen.

Es scheint, dass weder Petrus noch der andere Jünger Maria irgendwelche Worte des Trostes oder der Ermutigung gegeben haben. Doch Maria findet kein leeres Grab vor. Während der Leib Jesu nicht da ist, wie die synoptischen Evangelien berichten, gibt es zwei Engel. Als Antwort auf ihre Trauer wiederholt Maria ihre Interpretation der Situation: Der Diebstahl des Leichnams ihres Freundes.

Schließlich richtet sie die Frage noch einmal an einen Mann, den sie für den Gärtner hält. Dieses Verständnis ist vielleicht nicht so seltsam, wie es scheint. Es könnte sein, dass der Evangelist uns Hinweise gibt, wie wir verstehen könnten, was geschehen ist. Zwei Dinge treiben uns zum Anfang des Johannesevangeliums zurück und ermutigen uns, dies nicht als das Ende der Geschichte, sondern als einen neuen Anfang zu betrachten.

Erstens sind die ersten Worte Jesu in der Einleitung des Johannesevangeliums eine Frage, die sich an die Jünger von Johannes dem Täufer richtet. „Was sucht (wollt) ihr?“ (Joh 1:38). Und hier, in diesem Anfang, dieser neuen Schöpfung, stellt Jesus Maria genau dieselbe Frage: „Wen suchst du?“ (Joh 20:15). Ein neuer Dienst beginnt, eine neue Geschichte.

Stellt Jesus an diesem Ostermorgen dieselbe Frage an uns? Was suchen wir? Es war, als Jesus sie beim Namen rief, als Maria ihren geliebten „Rabbuni“ erkannte. Ruft Jesus unseren Namen? Und als die Jünger des Johannes diesen Rabbi anriefen, lud er sie ein: „Kommt und seht“ (Joh 1:39). Werden wir aufgerufen, die neuen Dinge zu sehen, die Gott in unserem Leben und in unserer Welt tut?

Zweitens, im Gegensatz zu den synoptischen Evangelien, die in der Morgendämmerung beginnen, beginnt die Geschichte des Johannes in der Dunkelheit, der Abwesenheit von Licht. Das ist der Evangelist, der uns bei der Eröffnung seines Evangeliums nicht zu einem Stall, sondern zur Öffnung der Schöpfung „am Anfang“ führte. Könnte es sein, dass Johannes uns noch einmal in jene Urfinsternis zurückführt, als „die Erde eine formlose Leere war und Finsternis das Antlitz der Tiefe bedeckte“ (Gen 1:2)? Der Evangelist greift die Erklärung des Paulus auf, dass wir im Tod und in der Auferstehung Jesu eine neue Schöpfung erleben, „Wenn also jemand in Christus ist, dann ist er eine neue Schöpfung: Das Alte ist vergangen, Neues ist geworden“ (2 Kor 5:17).

Und wo stehen wir? In einem Garten. In der ersten Schöpfungsgeschichte vertrieb Gott Eva und Adam aus dem Garten. Aber in dieser neuen Schöpfung schickt Jesus Maria jubelnd aus dem Garten hinaus. Ohne es zu wissen, hat Maria Jesus korrekterweise als den Gärtner identifiziert, der eine neue Welt, ein neues Leben und eine neue Schöpfung ins Leben ruft. Maria ist ausgesandt, um allen zu sagen, dass die Finsternis das fleischgewordene Wort, das unter uns gelebt hatte, nicht überwunden hat. Ihre Botschaft verkündet uns „ich habe den Herrn gesehen“ (Joh 20:18), den neuen Anfang, den Gott für uns alle vorbereitet hat. 

Meine lieben Freunde in Christus, so lasst also diese Ostern, die wir feiern, nicht nur ein Ereignis sein – ein historisches Ereignis, das vor 2020 Jahren passiert ist, oder einfach nur ein liturgischer Lichtblick. Lasst es eine Erfahrung für jeden von uns sein, wie für Maria. Lassen wir den auferstandenen Herrn für uns Wirklichkeit werden. Mögen wir die Ausgießung seines Geistes in dieser Jahreszeit erleben, denn dies ist die Grundlage unseres christlichen Glaubens. 

Der Herr ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden! Amen!