Gedanken zum Gründonnerstag: Eucharistie als Opfermahlzeit

von Pfr. Mathew Kurian

Liebe Schwestern und Brüder

„Es war vor dem Paschafest. Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war“ (Joh 13:1)

Im Johannesevangelium hat der Begriff der „Stunde“ eine besondere Bedeutung. Bei der Hochzeit zu Kana, als die Mutter Jesu seine Aufmerksamkeit darauf lenkt, dass „sie keinen Wein haben“, kommt Jesus mit der sehr scharfen Antwort: „Meine Stunde ist noch nicht gekommen“ (Joh 2:4). Aber die Mutter Jesu spricht weiter, als sei die Stunde schon gekommen.

Während der Begegnung zwischen Jesus und der Samariterin versichert Jesus ihr: „Glaubt mir, Frau, die Stunde kommt, zu der ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet“ (Joh 4:21). Mit diesen Worten leitet das heutige Evangelium das letzte Abendmahl ein: „Jesus wusste, dass seine Stunde gekommen war, um aus dieser Welt zum Vater hinüberzugehen“ (Joh 13:1), dann setzte sich Jesus mit seinen Jüngern zu Tisch.

Später, während des langen Gebets nach dem Abendessen, erhob Jesus seine Augen zum Himmel und sagte „Vater, die Stunde ist da: Verherrliche deinen Sohn, damit der Sohn dich verherrlicht“ (Joh 17:1).

Also, was ist diese „Stunde”? Es ist die Stunde des Leidens, des Todes und der Auferstehung Jesu. Diese drei Ereignisse werden zusammen als das „Ostergeheimnis“ bezeichnet. Es wird eine schwierige Stunde für Jesus sein, aber es ist auch die Stunde der Verherrlichung. Es ist auch die Stunde, in der Jesus von dieser Welt zum Vater übergehen wird.

Sie waren beim Abendmahl (Joh 13:2): Die Eucharistie als Mahl!

Heute, da wir uns an die Feier des letzten Abendmahls erinnern, gedenken wir auch der Einsetzung der Eucharistie. Die früheste Form des christlichen Gottesdienstes war das Gedenken an das letzte Abendmahl- das Abendmahl des Herrn. Das heißt, jeden Sonntagabend, wenn sich die ersten Christen in den Häusern der Menschen versammelten, um sich an die Auferstehung Jesu zu erinnern, brachen sie einfach gemeinsam das Brot und erlebten das letzte Abendmahl noch einmal. An diese Tradition erinnert Paulus in der heutigen zweiten Lesung aus seinem ersten Brief an die Korinther (1Kor 11:20-34).

Die zweite Lesung erinnert uns daran, dass die Eucharistiefeier eine Mahlzeit ist – eine Tischgemeinschaft; und die Eucharistie ist Brot und Wein – Gegenstände der Nahrung. Es ist wichtig, diese einfache Wahrheit nicht zu vergessen.

Warum hat Jesus den Kontext eines Mahles gewählt, um die Eucharistie einzusetzen?  Warum wählte er die Nahrung – das Brot und den Wein, als Eucharistie? In der hebräischen Tradition, wie es in den meisten Kulturen der Fall ist, ist das Essen ein Moment der Verbundenheit. Deshalb gibt es in der Bibel, insbesondere im Neuen Testament, viele Hinweise auf das Mahl als einen Moment des Aufbaus einer Beziehung zwischen uns und Gott/Jesus:

Im Buch der Offenbarung (3:20): „Ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem werde ich eintreten, und wir werden Mahl halten, ich mit ihm und er mit mir“. Die Gelegenheiten, bei denen Jesus die Menge speist (Mt 14:15-21; Mt 15:32-38; Mk 6:35-44; Mk 8:1-9; Lk 9:12-14), waren Ankündigungen  dieser letzten Mahlzeit. Diese Symbolik wird nach der Speisung der Menge im Johannesevangelium sehr deutlich gemacht. Jesus gab eine offene Erklärung: „Ich bin das Brot des Lebens; wer zu mir kommt, wird nie mehr hungern, und wer an mich glaubt, wird nie mehr Durst haben“ (Joh 6: 35).

Warum wählte Jesus das Brot (ein gängiges Nahrungsmittel in seiner Kultur), um diese Aussage zu machen; um die mögliche Gemeinschaft zwischen ihm und den Menschen, die er liebt, zu veranschaulichen.

Für mich ist das sehr einfach und doch sehr tief. Die Nahrung, die ich zu mir nehme, wird ein Teil von mir. Sie wird Teil meines Fleisches und meines Blutes. Das geschieht also, wenn ich an der Eucharistie teilnehme. Gott wird ein Teil von mir, und ich werde ein Teil von ihm. Dieses Geheimnis ist gut in dem Gebet eingekapselt, das der Priester schweigend spricht, wenn er einen Tropfen Wasser in den Wein mischt, wenn er den Kelch für die Gabenbereitung vorbereitet:

Wie das Wasser sich mit dem Wein verbindet zum heiligen Zeichen, so lasse uns dieser Kelch teilhaben an der Gottheit Christi, der unsere Menschennatur angenommen hat.

Dieser heilige Austausch ist es, der die Eucharistie zu einem ungeheuren Reichtum in unserer christlichen Tradition macht. Und es ist die Institution dieses Mysteriums, die wir am Gründonnerstag feiern.

Tut dies zu meinem Gedächtnis (1Kor 11:25): Die Eucharistie als Opfermahl!

Die Mahlzeit, in der Jesus seinen Körper und sein Blut als unsere Nahrung opferte, ist auch der Vorläufer des Opfers auf Golgota. Schon der Brief an die Römer sieht den Tod Jesu durch Blutvergießen als ein Opfer, das zur Versöhnung dargebracht wird (Röm 3:25). Deshalb entwickelte die christliche Tradition eine Theologie der Eucharistie als Opfer. Die eucharistischen Gebete, insbesondere das erste eucharistische Gebet, spielen stark auf dieses Verständnis an. In diesem Zusammenhang wird auch die Rolle des Priesters anerkannt. Deshalb gedenken wir heute auch der Einsetzung des Weihesakramentes. Es gibt keine Eucharistie ohne den Priester, und es gibt kein Priestertum ohne die Eucharistie.

Aus der Mitte der Schöpfung Gottes opfern die Menschen ihm etwas – oft Gegenstände der Nahrung. Einmal Gott geopfert, wird es geweiht – abgesondert – göttlich. Die Menschen nehmen an dieser Opfernahrung teil und erfahren so „Gemeinschaft“ mit Gott. Das ist der Kern der Bedeutung der Eucharistie als Opfermahlzeit.

Dann goss er Wasser in eine Schüssel und begann, den Jüngern die Füsse zu waschen (Joh 13,5): Die Eucharistie leben!

Interessanterweise enthält das Johannesevangelium keine Erzählung über die Einsetzung der Eucharistie. Der Bericht über die Einsetzung der Eucharistie findet sich in den synoptischen Evangelien (Mt 26:26-28; Mk 14:22-24; Lk 22:17-22) und auch in den Brief des Paulus (1Kor 11:23-26). Der Evangelist Johannes hebt die Fußwaschung im Zusammenhang mit dem letzten Abendmahl hervor. Vielleicht möchte er auf die Bedeutung der Eucharistie für unser tägliches Leben hinweisen: Die Teilhabe an dem einen Brot und dem einen Kelch lädt uns ein, die Würde jedes Einzelnen zu achten, denn potenziell ist jeder Mensch fähig, zur Teilhabe an der Göttlichkeit Christi beigezogen zu werden. Die Erfahrung der Eucharistie muss in unser tägliches Leben übertragen werden: zu Hause, an unseren Arbeitsplätzen, auf den Straßen und Marktplätzen. Das Abschiedswort des Priesters am Ende der Eucharistie – „Gehet hin in Frieden“ – ist ein Ratschlag, die Eucharistie weiter zu leben.

Das heutige Fest soll beitragen zu einem besseren Verständnis und Wertschätzung der Eucharistiefeier. Amen.